Folgendes kann passieren, wenn im Jänner die Fenster zu Mittag ein Weilchen weit offen stehen, weil der winterliche Mief durch Frischluft ersetzt werden soll. Doch halt – mehrere Voraussetzungen sind für das daraufhin einsetzende Spektakel von Nöten. Das Wichtigste ist die Witterung, der Tag muss klar sein, und obwohl im Schatten noch der Frost sitzt, ist es in der Sonne schon recht warm. Sie haben ein paar Frühlingsblumen im Zimmer, duftende Hyazinthen beispielsweise, Narzissen oder Tulpen. Sie vergessen das geöffnete Fenster, begeben sich woanders hin, kehren nach einer Stunde wieder und trauen weder Ihren Ohren noch Ihren Augen. Der gesamte Raum summt wie ein Bienenstock, und tatsächlich ist die Imme angeflogen gekommen und tut sich nun in Scharen an Ihren Blumensträußen gütlich.
Vergangene Woche unternahmen zumindest in Gegenden, in denen die Lufttemperatur in der Sonne an die zehn Grad betrug und Imker ihres Amtes walten, die Honigbienen ihren Reinigungsflug. Die hiesigen Stöcke hatten
es sozusagen gnädig, sie schwirrten aus und erleichterten sich in großen Massen, weil Bienen säuberliche Tierchen sind und nicht in ihren Stock schmatzen. Offenbar waren die Frühlingsblumen eine willkommene Jause nach dem ewigen Konservenhonig der vergangenen Monate. Mindestens vier Dutzend Bienen taten sich an den Blüten gütlich, und das Schwärmchen freundlich wieder hinaus zu bitten war zum Glück eine recht einfache Übung.
Die Sträuße wanderten hinaus auf den Balkon, die Imme folgte ihrem Duft und tauchte gleich wieder in die Kelche ab. Der Winter ist zurück, jetzt sitzen sie in ihren Stöcken und warten auf die nächsten warmen Flugtage. Es kann ein Weilchen dauern, doch sobald die Sonne wieder scheint, werden sie ab sofort auf meinem Balkon wieder ein paar Leckerbissen vorfinden. Primeln, Tulpen, Narzissen. Duft und Schönheit für uns, Lebensgrundlage für die Winterbienen.