Bereits ab Mitte Juli zeigte sich die Nachbarin besorgt. Heuer, so verkündete sie verdrossen, wird das nichts mit der Blutblume. Nur Blätter ohne Ende und weit und breit kein Ansatz irgendeiner Blütenknospe. Geduld, beruhigten wir sie, das wird schon werden. Scadoxus multiflorus heißt die Pflanze, um die es geht, und sie trägt auch noch die Namen Blut-Lilie, Puderquasten-Lilie oder Feuer-Lilie, was eigenartig ist, denn sie ist weit davon entfernt, eine Lilie zu sein.

Die Blutblume gehört zur Familie Amaryllisgewächse. Sie stammt aus dem südlichen Afrika, wo sie in bergigen Regionen und im Halbschatten tropischer Wälder gedeiht. Als die ersten fetten Blütenknospen dann doch endlich aus der Erde schossen, waren wir alle froh, denn die Nachbarin war beruhigt, und außerdem ist der Anblick einer Blutblumen-Blüte der Wahnsinn. Riesige korallenrote Blütenkugeln tauchen auf, die ausschauen wie in eingefrorenes Feuerwerk. Eine tolle Pflanze, die kaum je irgendwo zu kaufen ist und meistens in Form von Ablegern von Topfgarten zu Topfgarten wandert. Wer sie ziehen will, braucht einen Ort, an dem die Zwiebelpflanze im Topf kühl bei 12 bis 15 Grad überwintert. Nur dank dieser Ruhephase blüht sie, was auch für ihre Amaryllis-Verwandten, den Ritterstern und den Agapanthus gilt. Auch will sie nicht zu oft umgetopft oder geteilt werden, denn erst wenn die Zwiebeln dicht stehen und die Pflanze ein gewisses Alter erreicht hat, spendiert sie ab Anfang August diese sensationellen Feuerbälle, die selbst in der Dunkelheit zu leuchten scheinen. Auch in der Vase bewährt sie sich, wenn man den fleischigen, übrigens zierlich gefleckten Stiel kurz in kochendes Wasser taucht.

Blutblume