Es ist eine schöne Sitte, wenn die Nachbarschaft auch in kulinarischer Hinsicht zusammenhält, also wenn man sich regelmäßig da und dort zum gemeinsamen Mittagessen einfindet. Das gegenseitige Bekochen erfolgt hier so gut wie täglich und wird seit mittlerweile zumindest drei Generationen gepflegt. Und das auf hohem Niveau – meistens jedenfalls. Lediglich im Hochsommer kann es gelegentlich kritisch werden. Vor allem dann, wenn der obere Nachbar im Frühling voreilig nicht nur eine, sondern gleich vier Zucchinipflanzen in seinen wohlgedüngten Gemüsegarten gesetzt hat, und wenn sowohl in meinem als auch im unteren Garten die Zucchini heuer ebenfalls besonders gut gedeihen. Die werfen mit kleineren und größeren Zucchinikeulen täglich um sich, und deshalb erübrigt sich dieser Tage die Frage, was denn heute auf den Tisch kommt. Zucchinisuppe, Zucchinisalate, Zucchini gebraten, Zucchini mit Sugo gefüllt, Zucchini mit Käse überbacken, Zucchini in Nudelform, Zucchini, bis sie dir aus den Ohren herauswachsen.
Neulich sprach die Nachbarin, sie habe endlich wieder einmal ein spezielles, noch nicht getestes Zucchini-Rezept entdeckt, und das wolle sie sogleich ausprobieren. Wir waren selbstredend pünktlich zur Stelle. Es handelte sich diesmal um einen Zucchiniauflauf, eine in Schichten aufgebaute Angelegenheit, in der recht viele Eier, vermengt mit allerlei Käse und noch anderem, die tragende Rolle spielten. Neben den eingelagerten Zucchinistücken versteht sich, und die waren gerade recht durchgegart. Nicht gatschig, noch andeutungsweise knackig, wie es sich eben gehört. Formschön ließen sich die Portionen abstechen und auf die Teller legen. Und dann aßen wir.

Schmeckt recht gut, log der obere Nachbar nach einer Weile kollektiven Schweigens. Mhmm, meinte der untere Nachbar kauend. Die Nachbarin blickte stumm auf ihren Teller. Irgend etwas fehlt, stellte sie schließlich fest und blickte in die Runde. Ein Gewürz. Vielleicht gehört mehr Käse rein. Ich warf ein, dass möglicherweise zu viele Eier im Spiel wären, und ein ausgewogeneres Verhältnis zu den Zucchini die Angelegenheit veredeln könnte. Ohne Zucchini, sagte der untere Nachbar, wäre es auch nicht schlecht. Genau, warf ich ein, man könnte aber auch die Eier durch Sugo ersetzen. Und die Zucchini durch Kartoffeln, sagte jemand, und wenn dann noch ein paar Scheiben gebratene Melanzani und würzige Würste zugefügt würden, könne man sich das köstlich vorstellen.
Könnt ihr euch an die diversen Versuche in Sachen Zucchinikuchen erinnern, fragte ich, weil jetzt sowieso alle Dämme brachen. Selbst Nüsse und Schokolade hatten nicht den gewünschten veredelnden Effekt erzielt, dafür blieb der Kuchen über viele Tage hinweg wunderbar saftig, bis er den Weg auf den Kompost fand. Aber das Grauslichste, sagte der untere Nachbar, waren eindeutig die Bandnudeln mit der Zucchini-Sauce und den Erdäpfeln. Gekocht nach dem Rezept einer Bekannten waren sie vor ein paar Jahren als die widerlichste Speise in die Geschichte des gemeinsamen Mittagessens eingegangen.

Doch halt! Zucchini können natürlich gar wunderbar sein, aber eben nicht jeden Tag. Wir brauchen eine Pause. Bis dahin zeigen wir uns großherzig und verschenken nach links und rechts Zucchini, wobei es immer schwieriger wird, willige Abnehmer zu finden. Eine, die über mehrere vorzügliche Rezepte für Zucchini-Pickles verfügt, ist die Schwester der oberen Nachbarin, ebenfalls eine erprobte und talentierte Köchin. Eine Woche nach dem Eier-Zucchini-Auflauf war sie wieder einmal zum gemeinsamen Mittagessen zu Gast. Man hatte sie noch vor dem Massaker sowohl mit reichlich Zucchini als auch mit dem damals noch nicht ausprobierten neuen Auflauf-Rezept ausgestattet.
Wie uns denn die Speise geschmeckt hätte, fragte sie vorsichtig wie nebenbei. Sie habe das jedenfalls auch gekocht. Wir schauten uns erst an, dann lachten wir im Kollektiv. Grauenvoll, sagten wir, und die Schwester atmete erleichtert auf. Zu viele Eier, konstatierte sie, und ob die Masse ganz innen auch noch etwas flüssig gewesen sei. Ja, schrieen wir, und machten uns sodann über die nächste Gemüseschwemme her und aßen uns am königlichen Fisolengemüse in Rahm satt, gewürzt mit frischem Dillkraut, begleitet von perfekt gerösteten Erdäpfeln. Denn auch die Bohnen gedeihen heuer bestens, weil es ihnen noch nicht zu heiß ist. Die nähere Zukunft gehört vermutlich ihnen, mit Speck zum Eintopf gekocht, als Fisolensalat, als Fisolengulasch. Vielleicht erfinden wir sogar eine Kombi, in der Zucchini vorkommen dürfen.
Zucchini. Die beliebten Gartenpflanzen gehören zur Familie der Kürbisgewächse und haben eine lange Tradition, vor allem in Italien. Sie lieben die Wärme, die Sonne, einen tiefgründigen, gut gedüngten, humosen Boden.
Balkongarten. Wer über einen sonnigen Balkon verfügt, kann die pflegeleichten Pflanzen auch im Kübel ziehen, der sollte allerdings eher geräumig sein und zumindest 20 Liter fassen, denn die Pflanzen werden recht groß.
Sorten. Es müssen nicht immer nur die grünen Keulchen sein, es gibt zahllose Sorten in Gelb und Grün, auch in fast Weiß, und solche mit Streifen und in kugeliger Form. Balkongärtner wählen am besten eine eher kleinwüchsige Sorte.