Bist du ein Katzen- oder Hundemensch? So eine oft gestellte Frage. Die meisten können sie beantworten. Ich nicht. Viele Vierbeiner waren meine Freunde, Hunde genau so wie Katzen. Aber es gibt ein Tier, dem meine besondere Verehrung gilt, weil es das Katzenhafte mit dem Hundehaften elegant vereint. Es handelt sich dabei um den scheuen und listigen Rotfuchs. Nur mit Glück bekommt man ihn zu Gesicht, obwohl er allerorten durch die Gegend schnürt.

Der wendige Kerl mit dem roten Pelz und der buschigen Lunte spielt in seiner eigenen Liga. Vielleicht erinnert sich mancher an des Dänen Svend Fleurons Roman „Die rote Koppel“. In dieser Ode an den Fuchs heißt es im letzten Kapitel: „Der Fuchs ist misstrauisch – eben wie der Mensch selbst. (…) Der Mut des Bären, die Kraft des Elchs, die Grimmigkeit des Vielfraßes und der Zusammenhalt der Wölfe – was hat ihnen dies alles auf die Dauer genützt? Nur der Fuchs blieb von der ganzen Schar noch übrig, der schlaue und gewitzte Fuchs.“ Auch wenn er nie müde wird, den Duft meiner Hühner begehrlich zu wittern, bin ich ihm

seit jeher zugetan. Als Kinder legten wir uns in der Nähe des Fuchsbaus hinten im Wald im Gebüsch auf die Lauer, um die Jungfüchse zu beobachten, was nur sehr selten gelang. Und da es sich um verjährte Vergehen handelt, darf auch berichtet werden, dass wir mit den Hunden manch Luderplatz aufspürten und die stinkenden Köder wegtrugen, mit denen Jäger die Füchse an diese Stellen gewöhnen und zum Abschuss anlocken wollten. Allerdings wütete damals die Tollwut im Revier, und die Fuchsjagd hatte eine andere Bedeutung. Zum Glück ist diese Krankheit seit 2008 in Österreich jedoch Geschichte.

Etwa 70.000 Füchse werden dennoch weiterhin hierzulande pro Jahr erlegt, und auch wenn man sich damit den Unmut eines Großteils der Jägerschaft zuzieht, die Räude und Staupe und deren Verbreitung durch den Fuchs beklagt, so wird die Sinnhaftigkeit dieser Waidmannsleidenschaft in anderen Revieren längst hinterfragt. Seit 2015 ist die Fuchsjagd etwa in Luxemburg verboten, Anzeichen für eine Zunahme der Fuchspopulation gibt es bis dato dem Vernehmen nach keine.

Wer Recht hat, wird an dieser Stelle nicht festzustellen sein. Die Fuchsjagd gilt jedenfalls als eine der schwierigsten Jagdarten überhaupt, und sie erfolgt hauptsächlich im Winter, wenn sich die Füchse in der Ranz befinden und von Paarungsleidenschaft getrieben unvorsichtig werden. Dann hört man in den Nächten ihr charakteristisches raues Bellen und Keckern, und schon so mancher späte Gast riss beunruhigt die Augen auf und fragte, um welches Tier es sich um Himmels Willen handle, das derart schauerliche Geräusche von sich gebe.

Für Leute, die Hühner halten, sind Füchse rund ums Jahr ein Thema, besonders allerdings im Frühling, wenn die Fähen ihre Jungen ernähren. Dann wird es kritisch, und das beileibe nicht nur in der Nacht. Der Fuchs, meine Hühner und ich, wir leben seit mehr als zwei Jahrzehnten in einem labilen Gleichgewicht, das sofort zugunsten Reinekes kippt, wenn eine der Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des Federviehs ausfällt. Als im vergangenen Mai ein Sturm wütete, einen Ast abbrach und den elektrisch durchpulsten Hühnerzaun fällte, war der Fuchs am helllichten Tag binnen weniger Stunden um fünf fette Hennen reicher. Nach einem Moment der Trauer konnte ich jedoch nicht umhin, mir die Fuchswelpen vorzustellen, und die Jause, die sie gerade einnahmen, und irgendwie vergönnte ich es ihnen sogar. Ein paar Tage nach dem Massaker stand in der

Abenddämmerung oben am offenen Tor ein rotpelziges Tier, und anfangs dachte ich, es sei eine große Katze, aber es war der Fuchs. Er war wiedergekehrt, um Witterung aufzunehmen und Nachschau zu halten, ob das Hühnerbuffet aufs Neue gedeckt sei. Nein, mein Lieber! Denn es war klar, dass er in absehbarer Zeit nachschauen würde, und dumme junge Hühner muss man erst dazu erziehen, abends rechtzeitig den Stall aufzusuchen.

Füchse können aus dem Stand fast zwei Meter hoch und an die fünf Meter weit springen. Sie können kurzzeitig Laufgeschwindigkeiten von an die 50 Stundenkilometer erreichen. Sie stellen sich tot, um neugierige Aasfresser zu erbeuten. Sie können notfalls schwimmen und klettern. Ihre Augen ähneln jenen der Katzen, ihr Gehör ortet Mäusetrappeln selbst unter dicken Schneedecken, und ihr Geruchssinn ist ebenfalls vom Feinsten. Sie bringen gerade einmal fünf bis acht Kilo auf die Waage, diese wendigen, fast immer unsichtbaren Geister der Wälder, der Parks und der Hühnerställe. Wenigstens im Traum kann ich einen von ihnen zähmen und er lebt mit mir zusammen wie ein Hund oder eine Katze.

Rotfuchs. Der Naturschutzbund über das Tier des Jahres 2025: „Rotfüchse kommen als geheimnisvolle Tiere seit Jahrhunderten in Kunst und Literatur vor. Sie sind Überlebenskünstler, die als „Gesundheitspolizisten“ eine wichtige ökologische Rolle in der natürlichen Auslese spielen, da sie auch schwache und kranke Tiere fressen.“

Reineke Fuchs. Des Fuchses Listigkeit steht seit spätestens 1498 mit Erscheinen der Lübecker Fassung im Zentrum des Epos. Die bekannteste Version ist das Versepos von Johann Wolfgang von Goethe, erschienen 1794.

Die rote Koppel. Ein immer noch lesenswertes Buch, erschienen 1922, geschrieben vom dänischen Tier- und Naturschriftsteller Svend Fleuron (1874-1966), der nicht nur dem Fuchs, sondern auch Waldkäuzen, Katzen, Dachsen und anderem Getier literarisch zugetan war.