Übereifrige Februargärtner zählen zu den schauderhaftesten Schädlingen in winterlichen Gärten. Vor allem die Rosen sind vor ihnen in größter Gefahr. Denn solange man nicht weiß, dass der Schnitt der Rosen das Austreiben junger Triebe befördert, steht man der Angelegenheit mit der Unbefangenheit des Bodenseereiters gegenüber. Mit einem zu frühen Schnitt fordert der Februarschädling die Rose jedoch geradezu dazu auf, unvernünftige frühreife Dinge zu tun, noch bevor sich der letzte Frost über das Land gelegt hat. Versündigen Sie sich an diesen warmen Wintertagen also nicht, und lassen Sie Ihre Rosen in Ruhe.
Einer, der diese Kunst meisterhaft beherrschte, war ein gewisser Humphrey Brooke. Hin und wieder taucht der Name des 1988 verstorbenen britischen Rosenmannes, der hauptberuflich ein großer Kunstmann war, in der Literatur der Gärten auf. Humphrey Brooke. Er wird stets als derjenige genannt, der das erste ernstzunehmende Rosarium auf der Insel anlegte. In einem Ort, der Lime Kiln hieß und der sich natürlich auch heute noch irgendwo in Sussex befindet.
Humphrey Brooke war der tiefen Überzeugung, so ist nachzulesen, dass Rosen so gut wie überhaupt nicht geschnitten werden sollten. Auch das Jäten von Unkraut tat er verächtlich als kleinkrämerischen Unsinn ab. Und wenn er seine Nachbarn bei dieser in Gärten doch weit verbreiteten Tätigkeit ertappte, pflegte er sie über die Zäune hinweg lautstark „ihr Gemüsegärtner!“ zu höhnen.
Nicht viel ist über Humphrey Brooke herauszufinden, es sei denn, man gräbt tief. Dann tun sich, wie so oft,
interessante Zusammenhänge auf. Vor einigen Jahren beispielsweise kam bei Christies in London ein rotgolden gestreiftes, prächtiges Zigarettenetui russischer Provenienz unter den Hammer. 19. Jahrhundert. Schätzwert 14.000 Euro. Eine Gravur darinnen legte eine Spur: „Humphrey/November 27th 1946/Vienna – Lime Kiln“.
Tatsächlich hatten die letzten Kriegstage Humphrey Brooke ausgerechnet nach Wien geweht. Hier lernte er seine Frau kennen, sie war für die Alliierten als Dolmetscherin tätig. Das wiederum geht aus einer Notiz in den Archiven des britischen Imperial War Museums hervor. Und sowohl das Zigarettenetui, das irgendein Wiener Juwelier wohl im Auftrag der charmierten jungen Dame mit einer Gravur für den späteren Rosenafficionado versah, als auch der Garten in Lime Kiln, den Humphrey Brooke in eine nie dagewesene Rosenorgie verwandeln sollte, stammten aus ihrem russisch-britischen Familienbesitz. Über 500 Rosenbüsche kultivierte Brooke dort ab den 50er Jahren auf kargem kalkig-lehmigem Boden, von dem man stets behauptet hatte, dass niemals eine Rose darauf würde gedeihen wollen.
Doch Brooke scheint an Eigenwilligkeit ein gerüttelt Maße besessen zu haben. Allen Warnungen zum Trotz pflanzte er hunderte alte Sorten, sammelte Raritäten aus ganz England, Irland, den Kanalinseln, dem Festland. Pflegte seinen wilden, zwei Hektar großen Rosengarten über 30 Jahre lang, schnitt kaum, düngte wenig, ließ Unkraut wachsen. Die Rosen wurden riesengroß, überwucherten ganze Hügel, kletterten in Bäume. Es muss ein herrlicher Rosendschungel gewesen sein.





Das Nicht-Schneiden gilt nicht für Edelrosen und Floribundarosen!
Humphrey Brooke kultivierte vor allem Bourbon-Rosen und Alte Rosen, lang bevor die typischen Englischen Rosen in Mode kamen.
Die entstanden aus Kreuzungen zwischen Alten Rosen und Teehybriden beziehungsweise Floribunda.
Berühmt war Brooke übrigens auch dafür, dass er der Queen Mother alljährlich einen üppigen duftigen Strauß zartrosa Souvenir de la Malmaison für die Frühstückstafel am Weihnachtsmorgen schickte. Woher er die mitten im Winter hatte? Ein Rätsel.